Medienschau
Im Aargau wird die Realisierung eines weiteren Hospizes konkret, in Tenna sind die grösste Bündner Krankenkasse und das Hospiz im Clinch und «Input» von SRF berichtet, wie es den Eltern des kleinen Yuris, der nach seiner Geburt palliativ in den Tod begleitet wurde, heute geht. Diese und weitere Meldungen in unserer Medienschau vom September.
Medienschau September 2025
«Aargau: Mitgliederversammlung ebnet Weg für neues Hospizprojekt.»
Wer die Betten-Ampel auf der Website von Hospiz Aargau aufruft, sieht zehn rote Punkte. Das bedeutet: Alle Betten sind aktuell belegt. Dies ist seit längerer Zeit der Normalfall. Viele Menschen, die an einer fortschreitenden, nicht mehr heilbaren Erkrankung leiden und deren Lebenszeit bald zu Ende geht, müssen sich auf die Warteliste setzen lassen. Wird dann ein Platz im Hospiz frei, ist es oftmals schon zu spät.
Aufgrund der hohen Auslastung sind Vorstand und Geschäftsleitung des Vereins Hospiz Aargau seit Längerem intensiv auf der Suchen nach neuen Räumlichkeiten, die einen zweiten Standort ermöglichen sollen. Bereits 2022 gab es konkrete Pläne für eine neue Niederlassung. Damals verfolgte der Vorstand die Realisierung eines Hospizes im Süd-West-Aargau. Eine Immobilie in der Nähe des Spitals Zofingen kam in die engere Wahl, doch das Projekt scheiterte.
Nun liegt erneut ein konkreter Plan auf dem Tisch: eine bestehende Liegenschaft mit 4000 Quadratmeter Parkanlage an zentraler Lage in Kölliken. An einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung Ende September stimmte eine überwältigende Mehrheit des Vereins Hospiz Aargau für den Kauf der Liegenschaft, die Freigabe der Finanzierung sowie für eine mögliche Rücktrittsoption, falls Einsprachen das Projekt gefährden sollten.
«Verein Hospiz Aargau sagt ja zum Kauf einer Immobilie in Kölliken». Aargauer Zeitung. 27.9.2025
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«Graubünden: Innovatives Betagtenpflege-Projekt stösst an gesetzliche Grenzen.»
In einer Zeit der permanent steigenden Gesundheitskosten versucht der Verein Tenna Hospiz mit der Alterswohngemeinschaft Alte Sennerei im Safiental einen Gegenentwurf zu den bisherigen Modellen der Betagtenpflege zu leben. Sogenannte sorgende Mitbewohnende kümmern sich um die unterstützungsbedürftigen Seniorinnen und Senioren, die im Haus wohnen. Als Partnerin ist die regionale Spitex mit von der Partie. Doch wenn es um die Abrechnung von pflegerischen Leistungen geht, sieht sich das alternative Modell mit Schwierigkeiten konfrontiert.
Die pflegerischen Leistungen wurden bis Mitte 2024 allein von den sorgenden Mitbewohnenden übernommen. Dann kam ein Systemwechsel. Die vom Arzt verordneten und intern in Tenna abgedeckten pflegerischen Leistungen konnten nun über die Kassen abgerechnet werden, die Mitarbeitenden der Wohngemeinschaft leisteten ihre Einsätze im Auftrag der Spitex. «Plötzlich kam ein Anruf der Krankenkasse ÖKK», sagt Betriebsleiter und Initiant Othmar F. Arnold. Der Tenor: Das Modell, das in Tenna praktiziert werde, «das darf nicht sein, das ist so nicht vorgesehen». Die Konsequenz: Die Kasse weigerte sich, die in Tenna erbrachten Leistungen vollumfänglich zu übernehmen und nahm Kürzungen vor. Das wiederum nötigte den Verein Tenna Hospiz dazu, zum alten System zurückzukehren, ohne Finanzierung durch die Krankenkassen.
Weshalb sperrte sich die ÖKK plötzlich gegen das alternative Modell der Wohngemeinschaft Alte Sennerei? Zumal man beim Verein Tenna Hospiz überzeugt ist, dass es klar kostengünstiger ist als andere Formen der Betagtenpflege. Auf Anfrage betont die ÖKK-Medienstelle vor allem die gesetzlichen Vorgaben und Weisungen: Das Hospiz in Tenna sei heute kein anerkannter Erbringer von Leistungen zulasten der Grundversicherung. «Es verfügt über keine kantonale Zulassung als Spitex-Organisation oder Pflegeheim». Initiant Arnold weiss: «Das ist absolut korrekt, wenn man die geltenden Regelungen anschaut.» Aber in der Alten Sennerei lebe man ein neues Modell, «und auf dieses Modell sind sie nicht vorbereitet. Wir sind keine Institution, und wir sind auch keine pflegenden Angehörigen. Doch dazwischen gibt es in den Regelungen nichts.» Also beim Gesundheitsamt offiziell darum ersuchen, zur Spitex oder zum Pflegeheim werden zu können, wie es die ÖKK dem Hospiz rät? Keine Option, findet Arnold: «Wenn wir das werden wollen, dann braucht es das Modell Tenna Hospiz nicht mehr.»
«Innovatives Wohnmodell Tenna zwischen Stuhl und Bank». Bündner Tagblatt. 2.9.2025
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«Leben nach dem Verlust: Yuris Eltern erzählen»
Yuri wurde nach seiner Geburt palliativ in den Tod begleitet. Die «Input»-Folge darüber von Radio SRF hat viele berührt. Drei Jahre später besucht Redaktorin Mariel Kreis die Eltern erneut und erfährt: «Wir bauen unser Leben um die Trauer herum neu auf.» Doch was bedeutet es, wenn Trauer ein fester Bestandteil des Alltags wird? Die Zeit nach Yuris Tod hätte sich für ihn wie eine Wanderung angefühlt, sagt Daniel. «Unser Ziel war es gewesen, ein Kind zu haben. Dann gab es eine Art Felssturz und wir mussten einen neuen Weg suchen.» Er habe in den Modus «Funktionieren» geschaltet und dadurch viel verdrängt. Das habe schliesslich dazu geführt, dass er in eine Depression fiel.» Eine andere Reaktion zeigte Mami Rebecca. «Seit Yuri nicht mehr da war, habe ich, wenn ich ein Baby gesehen oder gehört habe, augenblicklich zu zittern und zu weinen begonnen.»
Wie es ihnen heute geht, das schildern die beiden eindrücklich in diesem Beitrag. Zu Wort kommen auch Hansjörg Znoj, Psychologe und Trauerforscher sowie die Angehörige von Yuris Eltern.
«Drei Jahre nach Yuris Tod: Wie seine Eltern mit der Trauer leben». «Input», SRF. 17.9.2025
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«Spitalbehandlung im Wohnzimmer – ein Modell mit Zukunft»
Daheim genesen statt im Krankenhausbett: Das Modell Hospital at Home bringt die medizinische Versorgung in die eigenen vier Wände. Die «Schweizer Familie» begab sich auf Visite mit einem Team der Klinik Arlesheim. Der Reporter erlebt mit, wie Severin Pöchtrager, Leitender Arzt in der Klinik Arlesheim, und Pflegefachfrau Euryanthe Sprachta einen 80-Jährigen zu Hause besuchen. Der Patient, Herr Gruntz, kuriert eine sogenannte Superinfektion aus: Auf eine Coronainfektion folgte eine bakterielle Entzündung, die seine vorbestehende chronische Lungenkrankheit verschlimmerte. «Es handelt sich um eine klassische Spitalbehandlung», sagt Pöchtrager. Doch Herr Gruntz hat bei seiner Spitaleinweisung ein Angebot in Anspruch genommen, das im Schweizer Gesundheitswesen gerade für Furore sorgt: das Hospital-at-Home-Modell. Patientinnen und Patienten mit akuten Erkrankungen, die eigentlich im Spital behandelt werden müssten, haben dabei die Möglichkeit, sich in den eigenen vier Wänden kurieren zu lassen. Ein Ärzte- und Pflegeteam besucht sie bei Bedarf mehrmals täglich und führt dort sämtliche Behandlungen durch.
Typische Diagnosen sind Lungenentzündungen, akute Verschlechterungen von chronischen Erkrankungen wie einer Herzschwäche, Schmerztherapien oder palliative Akutversorgungen. «Wir müssen die medizinische Versorgung zu Hause sicher und umfassend gewährleisten können», sagt Pöchtrager. Je nach Erkrankung müssen auch Angehörige da sein, die bei alltäglichen Verrichtungen helfen.
Weil Hospital at Home relativ neu ist, braucht es noch Forschung zum Behandlungserfolg. Doch erste Studien zeigen, dass sich Menschen daheim rascher und besser erholen. Im Spital Zollikerberg ZH etwa, das seit 2022 ein Hospital at Home anbietet, benötigten zu Hause behandelte Personen im Vergleich zu solchen mit Spitalaufenthalt eine Nacht weniger Behandlung. Und nur ein Drittel von ihnen musste später ins Spital eingewiesen werden.
«Wenn das Spital nach Hause kommt». Schweizer Familie. 4.9.2025
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«Amriswil schafft Raum für die letzte Lebensphase»
Im Neubau der Alterswohnungen in Amriswil wird neben 31 Senioren-Wohnungen eine 2,5-Zimmer-Hospiz-Wohnung eingerichtet. In dieser werden unheilbar kranke und sterbende Menschen Raum und Zeit für ein möglichst autonomes und würdevolles Leben bis zum Tod finden. Für den Betrieb und für die Finanzierung der Hospizwohnung wurde Anfang September der Verein Hospiz Oberthurgau gegründet. Der Verein wird die Wohnung der Stadt Amriswil mieten und dort einen Ort schaffen, an dem unheilbar erkrankte Menschen ihre letzte Lebensphase in Ruhe, Würde und Geborgenheit verbringen können.
«In Ruhe und Frieden auf die letzte Reise». Thurgauer Zeitung. 11.9.2025
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«Halt und Orientierung, wenn keine Heilung mehr möglich ist.»
«Jetzt können wir Ihnen leider nicht mehr weiterhelfen.» Diesen Satz hören viele Menschen, bevor sie den Weg in die Palliativsprechstunde am Kantonsspital Baden (KSB) finden. Hinter ihnen liegen Diagnosen, Therapien und ein schwerer Kampf; vor ihnen die bange Frage: Wie geht es weiter, wenn keine Heilung mehr möglich ist?
Genau hier setzt das Team um Dr. Meng Monfregola an. «Wir sind oft die Ersten, die den Patienten wieder ganzheitlich betrachten», sagt die Leiterin der Abteilung Palliative Care am KSB. «Nicht mehr die Krankheit steht im Zentrum, sondern die Lebensqualität. Wir hören zu, fassen zusammen und fragen: ‹Was ist jetzt noch wichtig?›» Die Palliativsprechstunde versteht sich dabei nicht als Schlusspunkt, sondern als Neuanfang. Ein interprofessionelles Team aus Ärztinnen, Pflegefachpersonen und weiteren Fachkräften nimmt sich Zeit – rund eine Stunde, bei Bedarf auch mehr. Körperliche Beschwerden, Ängste, Wünsche, soziale Fragen: Alles darf hier Platz haben. «Wir schaffen einen Ort, an dem Fragen gestellt werden dürfen, die sonst oft keinen Platz haben – weil sie zu unbequem oder tabuisiert sind», erklärt Andrea Schneider, Klinische Fachspezialistin Palliative Care am KSB. «Wir erleben oft, dass allein das Gespräch – dieses Aufgefangenwerden – schon entlastet.»
Manchmal reicht auch schon das Dasein. «Ein Patient hat einmal gesagt: ‹Alle gehen, aber Sie sind geblieben.› Das hat uns tief berührt», erzählt Meng Monfregola. Genau das sei das Ziel: Halt zu geben in der schwersten Zeit. Denn wer die Palliativsprechstunde verlässt, geht oft mit einem Plan, einem Ansprechpartner und, das sei noch wichtiger: mit etwas mehr innerer Ruhe. «Die Betroffenen merken, dass es weitergeht. Zwar anders, aber nicht weniger bedeutsam.»
«Nicht das Ende, sondern ein Anfang». Aargauer Zeitung. 24.9.2025
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«Unterstützung für Familien in der schwersten Zeit»
In der Schweiz erkranken jedes Jahr rund 350 Kinder und Jugendliche an Krebs. Während die meisten von ihnen geheilt werden können, überlebt jedes fünfte Kind die Krankheit nicht. Familien sind dadurch nicht nur mit dem Verlust konfrontiert, sondern oft auch mit der Erfahrung sozialer Isolation. Menschen aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz schweigen oder ziehen sich zurück, weil sie nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen.
Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, dann bietet die pädiatrische Palliativversorgung Unterstützung. Viele Eltern fürchten verständlicherweise das Wort «palliativ», weil es unmittelbar mit Sterben verbunden wird. In vielen Fällen beginnt pädiatrische Palliative Care nicht erst in der letzten Lebensphase, sondern kann bereits frühzeitig in den Behandlungsverlauf integriert werden. Sie schenkt Sicherheit, lindert Ängste und eröffnet Möglichkeiten, die verbleibende Zeit bewusst zu gestalten.
Im Zentrum stehen dabei stets die Lebensqualität und Begleitung der ganzen Familie. Für Kinder kann das bedeuten: spielen, lachen, Nähe erleben, ein Stück Alltag zurückgewinnen. Für Eltern beinhaltet es, nicht alles alleine tragen zu müssen. Pädiatrische Palliative Care begleitet die betroffenen Familien deshalb nicht nur medizinisch, sondern auch psychosozial und ethisch. Sie nimmt das Kind mit seinen Wünschen und Bedürfnissen ernst und begleitet Eltern sowie Geschwister – bis zum Tod des Kindes und darüber hinaus.
«Trauer beginnt für Eltern nicht erst mit dem Tod des Kindes». Nau.ch. 01.9.2025
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«Lebensbilder aus der Palliativstation»
Auf der Palliativstation des Zürcher Spitals Zollikerberg durften Patientinnen und Patienten zur Kamera greifen – und ihr Gefühl in ein Foto übersetzen. Die Fotografin Tina Ruisinger hat ihre Bilder, Sätze und Geschichten zwei Jahre lang gesammelt und daraus das Fotobuch «Lebensbilder» gemacht, wie die «Tagesschau» von SRF berichtete. Die Aufnahmen zeigen, was bleibt: Hände, die einander halten. Ein Familienfoto, Haustiere, Blumen auf dem Nachttisch – kleine Farbtupfer im grauen Stationsalltag. Und Stimmen, die ihr Leben resümieren: «Ich erinnere mich gut daran, als die Kinder klein waren, die Jungs ins Bett gekrochen sind.» «Das ist doch kein Leben, ich habe Schmerzen von Kopf bis Fuss.» «Ich habe das Leben voll aufgenommen. Es kann passieren, was will.»
Das Projekt verbindet Fotografie und Therapie. «Auf einer Palliativstation ist mehr Lebendigkeit, als man sich vorstellt», sagt Ruisinger. Patientinnen wählen Fotos aus, betrachten sie erneut oder fotografieren selbst, was sie umgibt. «Das grosse Ganze zählt dann nicht mehr», sagt sie. «Es geht um die kleinen Dinge – den Lichtstrahl, der an Wärme erinnert, oder den Enkel, der alles bedeutet.»
«So sieht das Leben aus – fotografiert von denen, die sterben». Tagesschau, SRF. 2.9.2025
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«Podcast-Highlights im September»
Dr. Caroline Hertler, leitende Ärztin am Universitätsspital Zürich, räumt in der neuesten Episode von Kurt Aeschbachers «Nachgefragt» mit Missverständnissen rund um die Palliativmedizin auf. Sie erklärt, warum diese Begleitung nicht nur am Lebensende wichtig ist, sondern schon früh im Krankheitsverlauf einen entscheidenden Unterschied machen kann, weshalb Angehörige dabei genauso wichtig sind wie Patientinnen und Patienten und dass Lebensqualität mehr zählt als alles andere.
Tanja Ajeti, diplomierte Pflegefachfrau HF mit Spezialisierung auf Palliative Care am Zürcher Lighthouse, spricht mit Patrick Hässig in der Podcast-Reihe «Einsatz Gesundheit» über ihre Arbeit mit Menschen am Lebensende. Sie erzählt von berührenden Begegnungen, teilt persönliche Erfahrungen und schildert, wie diese Arbeit ihre Sicht auf das Leben verändert hat.
Danke an die Autorin:
palliative zh+sh / Bettina Weissenbrunner